Moltke Platz Konsortium
Korridor
Die Wiese, die Baumreihen, dazwischen Skulpturen, Passanten schlendern daran vorbei, die Mitte des öffentlichen Raumes des Moltke Platzes ist gewöhnlicher Weise leer ... Die Außeninstallation
der Künstlergruppe Konsortium bricht diese alltägliche Idylle auf: Auf der Rasenfläche haben sie eine Installation aus zwei Wandecken, eine übermannshohe Architektur errichtet. Die Spitzen weisen in die zwei Himmelsrichtungen des Platzes. Diese rautenförmige Architektur scheint durchgeschnitten zu sein, eine Blickachse öffnet sich zwischen den beiden Dreiecken, ein Korridor, der die Alleewege miteinander in Verbindung bringt. Eine Skulptur, die Blicke auf sich zieht. Die den Passanten verleitet, seinen Weg zu ändern und die offene Fläche zu queren. Wo er auf andere Passanten vor der Skulptur zu trefft, inne hält und vielleicht beginnt über Raum und Öffentlichkeit nachzudenken.
Die Flächen der Wände erregen schon von weitem Aufmerksamkeit: auf der dunkel changierenden Fläche leuchten weiße Formen und Linien. Auf der einen Seite sieht man eine abstrakte Malerei, ein Kreis, Dreiecke, zerschnittene Formen. Die Malerei hat hier den Museumsraum verlassen und tritt als Wandmalerei in den Außenraum. Skulptur und Malerei greifen ineinander. Die Moderne Kunst pflegte noch bis in die 1960er
Jahre die lang zurückreichende Tradition der Wandmalerei im Außenraum, sei es als Fresko oder auch Mosaik. Künstler wie Josef Albers gestalteten Wände von Gebäuden und so auch den öffentlichen Raum. Die Wände des „Korridors“ sind aber nicht Teil eines Gebäudes, sie erinnern vielmehr an Plakatwände oder an einen Bauzaun. Solche avantgardistischen temporären Bauten errichteten die Konstruktivistischen Künstler für die Verbreitung der Botschaften des Kommunismus im Russland der 1920er Jahre. Eine Vision ist hier errichtet worden – nur ist sie temporär und noch eine Baustelle.
Auf der anderen Seite der Installation ist eine aus der Überlagerung von drei Grundrissen entstandene Grafik zu sehen. Eine Zeichnung, die von nahen beinahe so abstrakt wirkt wie die Malerei. Sie zeigt das, was an diesem Ort, in dieser Parklandschaft abwesend ist und sie dennoch prägt: Es sind Bauten der europäischen Geschichte, die antike Akropolis von Athen, das Tempieto des Renaissance Architekten Bramante und der
Atomreaktor von Tschernobyl. Die Formen greifen hier ineinander, bilden ein neues Bild europäischer Kultur und ihrer Entwicklung, die von einer Beherrschung der Natur geprägt ist. Die ausgewählten Bauten prägen nicht nur unser Bild historischer Epochen, sie waren auch herausragende Ingenieursleistungen, die Akropolis mit ihrer Überformung des Berges, das Tempieto als neuer Kuppelbau und die Atomreaktorkuppeln zum Schutz
vor der Technologie. Architektur weckt eine Fülle an Assoziationen und Erinnerungen.
Die Künstler verknüpfen ihre Auseinandersetzung mit den Visionen der Moderne mit dem Kontext ihrer Installation. Zum Zeitpunkt seiner Anlegung war das Moltke-Viertel mit seinem Platz ein revolutionäres Projekt und Ausdruck der Reformbewegung. In dem Korridor wird der Entwurfscharakter des Kunstprojektes
im öffentlichen Raum durch Baustellenwände sichtbar. Handelt es sich um eine Ankündigung für ein Neubauprojekt? Eine Plakatwand für eine politische Bewegung? Die neue künstlerische Arbeit von Konsortium bringt zeitgenössische Fragen zum Öffentlichen Raum zu Bewusstsein. Welche Rolle spielt die Kunst im Stadtraum? Wie prägt die Moderne unse